In der Krise immer fetter

Der Kabarettist Richard Rogler gastierte zum Auftakt des 28. Zeltspektakels beim Sportpark Im Speck in Wendlingen

 

"In früheren Krisen sind die Deutschen verhungert, heute werden sie, je länger die Krise dauert, immer fetter." Von Anfang an hatte der Kölner Kabarettist Richard Rogler bei der Auftaktveranstaltung des 28. Wendlinger Zeltspektakels die Lacher auf seiner Seite.


VON HEINZ BöHLER

WENDLINGEN. Auch auf dem neuen Spektakelplatz beim Sportpark Im Speck unterhalb des Wendlinger Freibads macht das Zirkuszelt der Veranstaltung auf Anhieb eine gute Figur. Zumindest konnte sie mit der, die der Akteur des ersten Abends seinen Landsleuten zugesteht, locker mithalten.

Auch wenn der Standort neu war, die lockere Atmosphäre war spürbar mit umgezogen, sodass die "Spektakler" in ihrem Flyer nicht zu viel versprochen hatten: "Lachtränen in die Augen" werde Richard Rogler den Zuschauern treiben. Und der ließ sich dazu nicht zweimal bitten.

Sein neues Programm "Stimmung" sorgte bei allen "Parteien", die im Zelt vertreten waren, für eine solche, selbst bei jenen "späten Eltern", die er mit damit aufs Korn nahm, dass sie ihren Nachwuchs automatisch für dreisprachig hielten, nur weil er François Benedetto Holzapfel heißt.

Biss und Witz des Richard Rogler sind unverändert

Auch Richard Rogler scheint von der Krise betroffen, was eine gewisse Wölbung der Körpermitte unter dem dunklen Jackett nahelegt, auch das Haar ist mittlerweile als "eher pigmentarm" einzustufen. Allein, Biss und Witz sind unverändert. Keine Spur von Altersmilde bremst den 61-Jährigen in seiner Art, sich über politische Parteien lustig zu machen, und zwar über alle. Allein schon der Begriff "Partei" entlockt ihm eine Bosheit: "Politische Parteien sind Vereine für Menschen, die auf natürlichem Weg keine Freunde finden."

Also bekommen sie im Laufe des Programms am Donnerstagabend reihum ihr Fett weg. Ganz besonders ins Herz geschlossen scheint er "Mutti" zu haben. Mutti ist jene Frau, die immer in der Mitte sitzt, die Frau, auf deren Namen man nicht kommt und die sich ärgerlich die Frage stellt: "Was hat Carla Bruni, was ich nicht habe?" Gut, gibt er zu, das Zeltspektakel in Wendlingen dürfte zwar nicht auf Angela Merkels Terminkalender stehen. Dennoch, warnt er, könne man nie sicher sein, dass sie nicht plötzlich auch hier in der Mitte sitze. "CDU in der Mitte, SPD in der Mitte - in der Mitte muss es ganz schön eng zugehen", macht er ein Platzproblem deutlich, das vor allem der SPD zu schaffen mache: "Der wichtigste Satz der SPD seit 20 Jahren kam von Wowereit. Das ist doch ein bisschen dürftig."

Eigentlich wollte er die Politik an diesem Abend ganz außen vor lassen. Außerdem hoffte er, denselben "ohne diese Dame" verbringen zu können. Das war das Einzige, was an diesem Abend im Spektakelzelt schieflief. Weder Frau Merkel noch ihre Kollegen lassen sich im Kabarett vermeiden, wie auch, wenn sie so viel Futter für dessen Vertreter produzieren.

Aber nicht deshalb schlägt Rogler die Strafsteuer auf alles Selbstgemachte vor. Da wollte er eher auf Barbaras Quittenmarmelade mit Zitronengras und Gernots selbstgebrautes "Naturtrüb" hinaus. Die beredte Miene ließ darauf schließen, dass Rogler das, wovon er sprach, bereits sinnlich erfahren haben muss.

Unternehmer grillen, Brüderle in Gorleben zwischenlagern, Trittin und Künast mit leichtem Sturmgepäck und ÖPNV-Ticket nach Afghanistan schicken - "kann man nicht machen - auch wenn es eigentlich richtig wäre". Westerwelle dagegen hält er für einen Fake: "Da müssen mehrere rumlaufen. Einer allein kann ja nicht so blöd sein."

So blöd wie all jene, die Probleme haben mit der Einordnung von Kausalzusammenhängen. Da hat er Richtigstellungen parat: "Der Mensch braucht nicht primär Arbeit. Er braucht Einkommen und dazu ist Arbeit das dämlichste Mittel."